Im Grunde waren sie immer da - von Anfang an.
Ich bin ein einer kölschen Familie aufgewachsen. Pardon, Köln-Mülheimerischen Familie. Wenn meine Oma sagte: "Heute gehen wir nach Köln." antwortete ich: "Aber wir sind doch schon in Köln, Oma." Omas verächtliches Schnauben ließ keinen Zweifel aufkommen: sie sah das anders.
Meine Omas waren um 1900 in Köln-Mülheim geboren, waren junge Frauen als Mülheim 1914 eingemeindet wurde. Enjesack hätt Kölle sich uns Müllem!
Solcherart habe ich ältere MülheimerInnen oft schimpfen hören.
Wie dem auch sei: Kölsche Lieder waren überall präsent - wie die berühmte Muttermilch. Ich hab sie viel und gern gesungen als Kind. Später waren dann höchstens noch die Bläck Fööß akzeptabel.
Nit für Kooche...
so sang ja auch der Niedecken.
Vielleicht liegt es daran, dass ich keine Muttermilch bekam, dass mir erst spät - Mitte dreißig - erste eigene kölsche Lieder zuflogen. Viel zu verdanken habe ich einem ehemaligen geschätzten urkölschen Arbeitskollegen mit hugenottischen Wurzeln, der den Namen eines berühmten französischen Komponisten mit Accent Aigu trägt; ein Kollege von sehr robuster kölnischer Art. Irgendwie musste ich als junge schüchterne Frau, gerade frisch der Uni entsprungen, kontern.
C'état très difficile pour moi, aber einen Tages, im Verlauf einer heftigen Debatte, sprudelte es aus mir heraus:
Wenn se su wigger maache, künner mer jään ens vür die Dür jonn, ävver ich dunn se warne,
ich hann öndlich Mackes in d'r Mau, Sie Krad!
Er war baff - ich auch. Was hatte ich da grade im tiefsten Mülheimer Kölsch mit Leichtigkeit herausgeschleudert? Und da war noch viel mehr in meinem Kopf, aber dank Kant'scher Vernunft beließ ich es bei diesen knappen unmissverständlichen Worten. Mit dem Kollegen übrigens lief es von da an prima.
Es war nicht mehr zu leugnen: Ich könnte fließend Kölsch sprechen. Ich hatte es immer gekonnt.
Kölsch war nur überhaupt nicht cool inmitten der englisch singenden und textenden Kölner New Wave-Feminism-Musikerinnenszene - trotz Nina Hagen. Ich schrieb damals nur Englische Lieder.
Nun entschloss ich mich: Ich würde meine kölschen Wurzeln nicht länger verleugnen, würde ich auch als mega-out und voll uncoooooooooool gelten.
Roots are Roots • Say it loud - I'm Kölsch and proud
Seitdem haben sich etliche Kölsche Lieder eingefunden, der Rhing Delta Blues ist entstanden und es kamen dann - Jahre später - auch ein paar deutsche Lieder angeschlichen und französische. Aber die waren eh schon immer irgendwie da.
Italienische und spanische Bröckchen tauchen auch hie und da auf und ich würde gerne aller in Köln gesprochener Sprachen mächtig sein, aber Garantiert Chinesisch, Türkisch und Arabisch in drei Monaten klappt bei mir leider - noch - nicht ;-(
Nachschlag: Wenn mal wieder jemand meint über meinen schrägen Müllemer Akzent lästern zu müssen - bliev ich ich köhl, kei Jeföhl - kommen doch drei der wichtigsten Kölnischer Künstler*Innen vun d`r Schääl Sick:
- Willi Ostermann • Müllem - Schäbisch Jläbischer Stroß
- Hanns Knipp • och us Müllem
- Trude Herr • Insel - irgendwo zwischen Kalk und Mülheim