★ MEUMA ★
Manifesto for the Empowering of Unamplified Musical Arts
Manifest zur Stärkung unverstärkter musikalischer Künste
- Für akustische Konzerte in kleineren Räumen
- Für unverstärkte Musik mit akustischen Instrumenten
- Für die Wiederbelebung des Horchens, Lauschens & Zuhörens
- Für Hausmusikkonzerte
Stromlos oder: Die den leisen Klängen lauschen
Nä wat wor dat fröher schön doch in Colonia
und anderswo wenn der Pitter (Peter) mit der Flitsch (Mandoline) und dat Tring (Katharina) mit der Jitta (Gitarre) zusammen mit der Jroß (Grossmutter) zu singen anhuben.
Tring und Pitter spielten und sangen oft zusammen, professionell sozusagen. Aber auch zum Spaß, wann und wo sie wollten. Wenn irgendwo nix los war, wanderten sie einfach weiter zur nächsten Ecke, in en andere Kaschemm oder zu irgend'nem Fest.
Romantisch?
Nun ja, in den Kneipen war es manchmal sehr laut und die beiden zogen unverrichteter Dinge von dannen, denn es ist nicht angenehm, sich vor einer lärmenden Menge Herz und Lunge aus dem Leib zu brüllen.
Ich hörte diese Mädchen aus weiter Ferne... Ich konnte ihre Worte glasklar hören... Ich lehnte mich einfach zurück und sog jede einzelne Note und jedes einzelne Wort auf, das sie sangen. Es klang so klar und ehrlich, kein Hollywood-Ersatz, kein falsches Wimmern. Es klang für mich besser als das laute Kreischen und Gröhlen, das man in den alten überfüllten Kneipen veranstalten muss, damit man gehört wird...Quelle: aus: Woody Guthrie: Dies Land ist mein Land - Autobiographie
Da wünschte sich manch eine/r ne Maschine zu haben, die die Musik lauter machen würde. Aber sowas gab's nicht. Basta.
Manchmal ebbte der Lärm aber auch ab, besonders wenn sie anhuben, eine wahrhaft schauerliche, ergreifende Ballade vorzutragen - über einen Werwolf oder Gevatter Tod. Die Kneipenbesucher wurden dann mucksmäuschenstill und lauschten gespannt. Und das waren gar nicht wenige Menschen, an die hundert manchmal, und das waren auch keine allzu kleinen Kneipen, weit über hundert Quadrat manchmal.
Das Menschliche Ohr
Das Menschliche Ohr - sofern intakt - besitzt eine bemerkenswerte Fähigkeit: es kann Schallwellen d.h. Geräusche aller Art - Sprache, Musik, Naturgeräusche - nicht nur wahrnehmen, sondern seine Aufmerksamkeit selektiv auf bestimmte Schallereignisse richten.
Klartext: wir können aus verschiedenen, zur selben Zeit ertönenden Geräuschen ein bestimmtes heraushören, wenn wir uns in darauf konzentrieren.
Ein oft zitiertes Beispiel ist die Mutter, die das Schreien ihres Babys hört, obwohl gerade ein Düsenjäger übers Haus dröhnt. Väter können das sicher auch.
Wenn wir des nachts keinen Schlaf finden, kann uns ein eher leises Geräusch in den Wahnsinn treiben - eine klopfende Heizung etwa oder ein tropfender Wasserhahn.
Sie lieben den Klang der Klarinette ganz besonders? Dann fällt es Ihnen sicher leicht Benny Goodman oder Sharon Kam aus einer Vielzahl von InstrumentalistInnen herauszuhören.
Das menschliche Ohr kann also selektiv hören und besitzt zudem die Fähigkeit sehr leise Geräusche wahrzunehmen. Unsere Sprache kennt die Verben:
- Hören: undifferenziertes Wahrnehmen von Klängen und Geräuschen die um uns herum erschallen
- uu- und hinhören: bewusstes Hören
- horchen oder lauschen: bewusstes tätiges Hören
Tätiges Bewusstes Hören
scheinen aus der Mode gekommen zu sein - zumindest was das Hören von Musik betrifft. Hier herrschen seit einiger Zeit Fürst Phon und Prinzessin Dezibel. In ihrem Fürstentum sollen sie tun und lassen was sie wollen - wer weiß, vielleicht sind sie ja halbtaub auf den Thron gestiegen?
Aber nein, ihr Reich ist ihnen wohl zu klein, sie scheinen es auf die Weltherrschaft abgesehen zu haben. Überall spionieren ihre tönenden Agenten herum und sollte mal in einer Kneipe die Musik zu leise sein, preisen sie ihr phonstarkes Equipment an.
Sollten die königlichen Agenten ein paar Inkamusiker mit ihren Panflöten auf der Domplatte erspähen, dauert es sicher keine drei Monate und Sie werden El Condor schon aus weiter Ferne fliegen hören. Die peruanischen Musiker sind jetzt stolze Besitzer einer Mini-P.A. - batteriebetrieben versteht sich. Auf der Strasse gibt's bekanntlich kaum Steckdosen. Noch nicht.
Eine junge Band spielt über eine kleine Gesangsanlage ohne fette Bassboxen.
"So wird das nie was, Jungs", flüstert ihnen eine Stimme ins Ohr. "Ihr braucht Power, so richtig Wumms, was Amtliches, sonst könnt ihr nie landen, nich bei den Mädels und auch nich bei 'ner Plattenfirma. Gibt da grad ‚nen Superdeal, klitzekleine Raten, vollfetter Geiz, im Megastore, inner City, echt geil."
Eine Woche später hat unsere Band den amtlichen Sound, will heißen, für die ZuhörerInnen heißt es: fliehen oder saufen. Schade, spielen ganz schöne Songs die Jungs, aber wie so oft geht alles im Schallbrei - gewürzt mit einer fetten Prise Feedbackpfeffer - unter.
Oder das Blues-Duo - Frau und Mann: beide haben kräftige, geübte Stimmen, spielen nur akustische Instrumente (Gitarre, Dobro, Mandoline) und könnten locker einen kleinen Saal füllen. Auf der kleinen Bühne verbauen links und rechts zwei schwarze Kästen die Sicht. Dazu ein mittlerer Mikroständerwald, claro que si.
Ich kann die beiden gut versteh'n. Es ist heutzutage ungeheuer anstrengend, rein akustisch - wirklich unplugged - ohne jede Verstärkung - stromlos - zu singen und zu spielen. (Klassik mal ausgenommen) Auch in einem kleinen Raum vor zehn, zwanzig Personen ist das nicht einfach. Viele Menschen hören nicht mehr richtig zu wenn keine Mikrofoständer in Sicht sind. Das kann ja nichts sein wenn keine Mikros im Spiel bzw. im Bild sind.
Haben die Menschen wirklich verlernt zu lauschen, wenn Musik nicht phonstark rüberkommt oder ist das Singen in ein Mikrofon zum Symbol fürs Singen überhaupt geworden? Mit dem Mikro vor der Wii fühlen sich schon kleine Mädchen - seltener Jungs - ihren Idole nah und studieren bereits im Kindergartenalter geile Posen ein. Einfach so ohne Mikro singen? Voll uncool!
(O-Ton Melanie, sieben Jahre)
Und noch was: Es wirkt einfach professioneller, wenn da 'ne fette Anlage steht. Macht mehr her. Cooles Equipment beeindruckt, schafft Distanz, macht klar wer Star und wer Publikum ist. Lautstärke = Power = Macht. So schallt's heutzutage durch die Welt. Außerdem können so elektronische Effekte benutzt werden die schiefe Töne grade ziehen. Autotune heißt sowas.
Ich muss zugeben, es ist schon toll: E-Gitarre in der Hand, ein paar Tretminen (Gemeint sind die kleinen bunten Kistchen, die so schönen Krach machen.) Der Begriff aus dem Kriegshandwerk ist nicht von mir erfunden, es ist eine der amtlichen, häufig benutzten Bezeichnungen für Bodeneffektgeräte. zwischen »Axt« (Gitarre) und »Amp« (Verstärker) geschaltet, »Poti« (Potentiometer= Lautstärkeregler) auf High Noon gestellt et voilà: die Römer kommen! Honni soit qui mal y pense.
Wauuuh brzzzl... ä∿ä∿ä∿kzrri∿iiiääääpfffzisltschschhhh
Das bläst Dir nicht nur das Hirn weg, da verschwinden auch sämtliche Unsicherheiten, das Gefühl, nur 'ne kleine Nummer zu sein. Mit der E-Gitarre in der Hand bist du Gott (wie weiland Eric Clapton) oder 'ne Göttin. (eher selten)
König Phon
König Phons Special Agents reiben sich die Hände. Bald werden alle vergessen haben, dass Musik nicht unbedingt riesiger Lautstärken bedarf und sehr wohl ohne Verstärkung auskommen kann.
Alle?
Nein. In einem kleinen abgelegenen Dörfchen, nahe einer großen alten Stadt, leistet ein tapferes, aufrechtes Völkchen Widerstand. Seit tausenden Jahren spielen sie auf ihren Schalmeien, ihren Hinkelsteinxylophonen, ihren Trommeln und Rasseln, zupfen die Krth und stimmen gemeinsam mit ihrer Bardin Mëuma die uralten heiligen und unheiligen Gesänge an. Und man glaube ja nicht, es handle sich um einen lahmen Verein, der saft- und kraftlos vor sich hinsurrt. Nein!
Wenn sie feiern, versprühen sie Funken unbändigen Temperaments, rote, weiße, blaue, rosa Funken. Sie singen und tanzen wilden, frohen Mutes, sie schlagen über Stränge, die Ihr Euch vorzustellen nicht in der Lage seid.
Sitzen sie aber des Abends am Feuer zusammen, horchen sie andächtig, von heil’gen Schauern ergriffen, den kraftvoll-traurigen Gesängen ihrer Bardin.
Colonia Mëuma nennen sie sich: Die den wahren Klängen lauschen. Und wenn sie nicht gestorben sind, brauchen sie auch heutzutage nichts weiter als Schlafsack, Gitarre un en dicke Trumm ∘
tra la la la.
Un nit verjesse: Die Hauptsach is et Hätz is jot!